Arbeitsrecht und Covid-19

Arbeitsrecht in der Corona-Krise - unsere Themen: besonders gefährdete Arbeitnehmende, Ferien (und Quarantäne), Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin (inkl. Homeoffice-Pflicht), Lokalfeiertage, Lohnfortzahlung und Schutzkonzept. 

Besonders gefährdete Arbeitnehmende

Der Bundesrat hatte zunächst in der Covid-19-Verordnung 2 einen besonderen Schutz für gefährdete Arbeitnehmende vorgesehen (Art. 10c der aufgehobenen Covid-19-Verordnung 2, siehe Covid-19-Verordnungen). Ab 22. Juni 2020 galt in der Folge für alle Arbeitnehmenden das STOP-Prinzip gemäss Artikel 10 der Covid-19-Verordnung besondere Lage. Ab 18. Januar 2021 waren erneut besondere Vorschriften für besonders gefährdete Arbeitnehmende in Kraft, welche ab 26. Juni 2021 angepasst wurden. Als besonders gefährdet galten zuletzt Schwangere, welche nicht geimpft sind, sowie Personen, welche eine im Anhang 7 der Covid-19-Verordnung 3 aufgeführte Vorerkrankung oder genetische Anomalie aufweisen und sich nicht gegen den Covid-19-Virus impfen können. Besonders gefährdete Arbeitnehmende hatten das Recht auf Homeoffice, einen gleichwertigen Schutz am Arbeitsplatz oder eine Befreiung von der Arbeitspflicht unter Lohnfortzahlung. Die entsprechende Bestimmung (Artikel 27a der Covid-19-Verordnung 3) ist seit 1. April 2022 ausser Kraft. Damit entfallen ab 1. April 2022 die besonderen Regelungen zum Schutz der besonders gefährdeten Arbeitnehmenden. 

Für weitere Informationen siehe auch Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin und Covid-19-Verordnungen sowie Covid-19 und Schwangerschaft.

Ferien in Corona-Zeiten

Sind Arbeitnehmende bei der Gestaltung ihrer Ferien frei oder dürfen Arbeitgebende für Ferien in der Corona-Krise Weisungen erlassen?

Die Arbeitgeberin ist mit Bezug auf die Arbeitszeit weisungsbefugt, d.h. sie kann Anweisungen erteilen, was ihre Arbeitnehmenden während ihrer Arbeitszeit tun sollen und was sie nicht tun dürfen. Aufgrund ihrer Fürsorgepflicht ist sie auch verpflichtet, die Gesundheit ihrer Arbeitnehmenden zu schützen - in der Coronakrise heisst dies insbesondere: Schutzkonzept erstellen, für die Einhaltung der Hygieneregeln und Abstandsvorschriften sorgen, bei Bedarf Schutzausrüstung zur Verfügung stellen und/oder weitere Sicherheitsvorkehrungen treffen.

Das Weisungsrecht erstreckt sich grundsätzlich nicht auf die Freizeit der Arbeitnehmenden. Allerdings sind Arbeitnehmende aufgrund ihrer Treuepflicht verpflichtet, ihre Arbeitsfähigkeit zu erhalten und nach Möglichkeit gesund zu bleiben.

Vor diesem Hintergrund mag es in Corona-Zeiten sinnvoll sein, auch für die Freizeit und Ferien Empfehlungen auszusprechen, wenn das Verhalten in der freien Zeit direkte Auswirkungen auf die Arbeit bzw. die Arbeitsfähigkeit haben kann. Zulässig und empfehlenswert sind die Aufklärung über Risiken und die Aufforderung, mit diesen Risiken verantwortungsvoll umzugehen, wie das Abraten von Reisen in Gebiete mit einer höheren Ansteckungsrate oder entgegen den Reiseempfehlungen des Bundes (vgl. Reisehinweise des EDA) sowie der Hinweis auf die Quarantäne für Einreisende aus Risikoländern (Covid-19-Verordnung Massnahmen im Bereich des internationalen Personenverkehrs und Quarantänepflicht für Reisende). Auch darf die Arbeitgeberin verlangen, dass Arbeitnehmende mitteilen, wenn sie in Gebieten mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko oder mit infizierten Personen in Kontakt waren. Weiter sind Weisungen denkbar, wonach Arbeitnehmende nach Reisen in Risikogebiete in Quarantäne oder sich einem Covid-19-Test unterziehen müssen, bevor sie zur Arbeit zurückkehren dürfen, falls sie dies nicht aufgrund behördlicher Anordnungen ohnehin schon müssen. Zu weit gehen dagegen in der Regel Reiseverbote für private Reisen.

Haben Arbeitnehmende Anspruch auf Lohn, wenn sie während oder nach der Rückkehr aus ihren Ferien in Quarantäne müssen? Sind Ferientage bei einer Quarantäne gutzuschreiben?

Falls Arbeitnehmende während ihrer Ferienreise in Quarantäne müssen, nicht rechtzeitig an den Arbeitsplatz zurückkehren können oder nach ihrer Rückreise aufgrund ärztlicher oder behördlicher Anweisungen in Quarantäne verbleiben, haben sie für diese Zeit in der Regel keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung (es sei denn, sie arbeiten im Homeoffice). Risiken im Zusammenhang mit privaten Ferienreisen und deren Folgen haben sie selbst zu tragen (bei ärztlicher oder behördlicher Anordnung der Quarantäne besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Corona-Erwerbsersatzentschädigung, gemäss dem Bundesamt für Sozialversicherungen jedoch nicht nach der Rückkehr aus einem Risikogebiet). Nur beim Vorliegen besonderer Umstände ist im Einzelfall eine Lohnfortzahlungspflicht der Arbeitgeberin denkbar. Muss ein Arbeitnehmer während seinen Ferien unverschuldet - d.h. nicht im Zusammenhang mit einer Reise oder einer Aktivität mit erhöhtem Ansteckungsrisiko - auf ärztliche oder behördliche Anordnung hin in Quarantäne sind die entsprechenden Ferientage jedoch in der Regel wieder gutzuschreiben, da eine Quarantäne den Erholungszweck der Ferien meist gefährdet. In diesen Fällen hat der Arbeitnehmer in aller Regel Anspruch auf Corona-Erwerbsersatz.

Schicken Arbeitgebende ihre Arbeitnehmenden freiwillig, d.h. ohne behördliche Anweisung oder Empfehlung in Quarantäne, sind sie lohnfortzahlungspflichtig. Auch wenn Arbeitnehmende selbst erkranken, besteht bei unverschuldeter Krankheit grundsätzlich eine Lohnfortzahlungspflicht der Arbeitgeberin. Ob eine risikoreiche Reise ein Verschulden des Arbeitnehmers an seiner Erkrankung begründen kann (sodass keine Lohnfortzahlungspflicht der Arbeitgeberin gegeben ist), ist fraglich, aber je nach den Umständen des Einzelfalls durchaus denkbar.

Kann die Arbeitgeberin kurzfristig Ferien und Überstundenkompensation anordnen?

Die Arbeitgeberin darf den Zeitpunkt der Ferien der Arbeitnehmenden bestimmen, hat dabei jedoch auf deren Interessen Rücksicht zu nehmen und in der Regel eine Ankündigungsfrist von etwa drei Monaten zu beachten. In der aktuellen Situation rechtfertigt sich eine Verkürzung dieser Anordnungsfrist. So kann es durchaus sinnvoll sein, die Arbeitnehmenden anzuweisen, in den nächsten Monaten ihre bis dahin aufgelaufenen Ferien (z.B. Restguthaben aus dem Vorjahr und/oder die Hälfte der Ferien 2021 bis Ende Juni/Juli 2021) zu beziehen.

Wir empfehlen allerdings vor einer Anordnung von Ferien aus dem laufenden Jahr, die Kompensation von Überstunden und den Bezug von Ferienguthaben aus Vorjahren anzuordnen.

Dürfen Arbeitnehmende geplante Ferien verschieben, wenn sie Reisen oder Aktivitäten aufgrund der aktuellen Lage absagen müssen?

Für eine Ferienverschiebung braucht es die Zustimmung der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin kann insbesondere in der aktuellen Situation darauf bestehen, dass die Ferien wie vereinbart bezogen werden, auch wenn geplante Reisen oder Aktivitäten nicht möglich sind.

Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin

Die gesetzliche Fürsorgepflicht verpflichtet Arbeitgeberinnen, die Gesundheit ihrer Arbeitnehmer zu schützen und zu diesem Zwecke angemessene Massnahmen zu treffen. Was heisst dies nun mit Bezug auf das Coronavirus?

Seit 17. Februar 2022 sind die Maskenpflicht am Arbeitsplatz, die Home-Office-Empfehlung sowie die generelle Empfehlung und die Finanzierung der repetitiven Testung in Betrieben aufgehoben. Seit 1. April 2022 ist auch der besondere Schutz besonders gefährdeter Arbeitnehmenden ausser Kraft. Allerdings bleiben Arbeitgeberinnen weiterhin für den Gesundheisschutz ihrer Arbeitnehmenden zuständig und gemäss Arbeitsgesetz verpflichtet, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz ihrer Mitarbeitenden vorzusehen (vgl. dazu das Merkblatt des SECO: Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz gegen Covid-19). Entsprechend haben Arbeitgeberinnen nun selbst über das Arbeiten im Homeoffice und das Tragen einer Maske am Arbeitsplatz zu entscheiden (vgl. Aufhebung der Corona-Massnahmen am Arbeitsplatz: was nun?). Bei Fragen zum Homeoffice siehe auch unser Merkblatt zu Homeoffice, unser Beitrag zu Auslagenersatz im Homeoffice sowie die Website des Bundesamtes für Sozialversicherungen zu Sozialversicherungen bei Grenzgängern im Homeoffice und Auswirkungen von Telearbeit/Homeoffice auf die Sozialversicherungen im internationalen Kontext

Arbeitnehmende haben aufgrund ihrer Treuepflicht ihre Arbeitgeberin auch weiterhin bei konkretem Infektionsverdacht umgehend zu informieren, damit diese gegebenenfalls Massnahmen zum Schutz der anderen Mitarbeitenden (wie Homeoffice, Masken etc.) anordnen kann.

Das Bundesamt für Gesundheit hat auf seiner Homepage neben aktuellen Informationen zum Coronavirus auch diverse allgemeine Informationen und Tipps zur Pandemiebekämpfung veröffentlicht. Dazu gehört insbesondere auch der Pandemieplan: Handbuch für die betriebliche Vorbereitung. Darin werden detaillierte Massnahmen zum Schutz der Mitarbeitenden und der Aufrechterhaltung des Betriebs während einer Pandemie beschrieben.

Lokalfeiertage wie Sechseläuten und Knabenschiessen

Die Stadt Zürich musste pandemiebedingt sowohl das Sechseläuten wie auch das Knabenschiessen absagen. Sind die entsprechenden Halbtage trotzdem als Feiertag bzw. als Feierhalbtag zu gewähren? Dieselbe Frage stellt sich für alle Lokalfeiertage (siehe Öffentliche Ruhe- und Lokalfeiertage), deren Feste abgesagt werden müssen.

Ziffer 16.3 des GAV zwischen Arbeitgeber Zürich VZH und dem Kaufmännischen Verband Zürich definiert, an welchen Feiertagen nicht gearbeitet werden soll. Für Lokalfeiertage (wie die Nachmittage des Sechseläutens und des Knabenschiessens in der Stadt Zürich) darf die Arbeitgeberin «andere gleichwertige Lösungen» vorsehen, ist aber an die in Ziffer 16.3 bestimmte Anzahl Feiertage gebunden. Wir empfehlen daher unseren Mitgliedsfirmen, welche dem GAV unterstehen, Lokalfeiertage auch bei Absage des Festes zu gewähren. 

Auch Firmen, welche dem GAV nicht unterstehen, aber in ihren arbeitsvertraglichen Bestimmungen (z.B. im Personalreglement) oder gemäss betrieblicher Übung Lokalfeiertage (wie die Montagnachmittage des Sechseläutens und des Knabenschiessens in der Stadt Zürich) gewähren, empfehlen wir, diese trotz Absage des Festes wie üblich als Feiertag frei zu geben. Ohne GAV, vertragliche Regelung oder betriebliche Übung kann die Firma dagegen frei entscheiden, ob an Lokalfeiertagen gearbeitet werden soll oder nicht.

Lohnfortzahlung

Haben Arbeitnehmende im Falle von Schul- oder Betriebsschliessungen Lohnfortzahlungsansprüche? Müssen die Löhne auch bezahlt werden, wenn Arbeitnehmende in Quarantäne bleiben müssen oder wegen besonderer Gefährdung ihrer Arbeit nicht nachgehen können?

Die Antworten auf solche Lohnfortzahlungsfragen sind teilweise umstritten, werden jedoch in vielen Fällen durch die vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen entschärft. So können Arbeitgeberinnen Kurzarbeit beantragen, wenn sie aufgrund der Coronakrise den Betrieb schliessen müssen oder ihre Arbeitnehmenden nicht mehr voll beschäftigen können. Wenn Arbeitnehmende in Quarantäne bleiben oder aufgrund der Schul- und Krippenschliessungen ihre Kinder unter 12 Jahren (oder ihre Kinder mit Beeinträchtigungen bis 20 Jahre) betreuen müssen und deshalb nicht zur Arbeit erscheinen können, können sie (oder ihre Arbeitgeber) bei der Ausgleichskasse Erwerbsersatzentschädigung beantragen. 

Unsere Mitgliedsfirmen können sich mit Fragen zur Lohnfortzahlung jederzeit an unsere unentgeltliche Rechtsauskunft wenden.

Schutzkonzept

Die Pflicht zur Erarbeitung und Umsetzung eines Schutzkonzepts für öffentlich zugängliche Einrichtungen und Betriebe wurde per 17. Februar 2022 aufgehoben.

Davor mussten Betreiber von öffentlich zugänglichen Einrichtungen und Betrieben, einschliesslich Bildungseinrichtungen, sowie Organisatoren von Veranstaltungen ein Schutzkonzept erarbeiten und umsetzen. Die Vorgaben für das Schutzkonzept fanden sich in den Artikeln 10 ff. sowie im Anhang 1 der Covid-19-Verordnung besondere Lage

Schutzkonzepte und die Einhaltung der Empfehlungen des Bundes zu Hygieneregeln und sozialer Distanz werden durch die kantonalen Behörden (wie Arbeitsinspektorate, Gewerbepolizei) und die SUVA kontrolliert.